Grußwort von Präsident Karsten Schmal 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Messebesucher und Aussteller,
nach dem aktuellen Konjunkturbarometer Agrar des Deutschen Bauernverbandes hat sich die Stimmung der deutschen Landwirte seit den vorangegangenen Erhebungen weiter verschlechtert. Die Erwartungen an die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung sind auf einem bislang nicht gekannten Tiefpunkt angelangt. Nur noch jeder dritte Betrieb will in den kommenden sechs Monaten investieren. Dieses Ergebnis ist sehr bedenklich. Es spiegelt die große Unzufriedenheit der Bauern mit der aktuellen Agrar- und Umweltpolitik und die damit verbundene Verunsicherung wieder.
Deshalb gab es in den letzten Wochen und Monaten bundesweit, so auch in Hessen, zahlreiche Bauerndemonstrationen. Der Unmut richtet sich gegen überzogene Bestimmungen und drohende Verbote beim Insekten-, Gewässer- und Klimaschutz. In diesem Zusammenhang betone ich immer wieder, dass der Schutz von Boden, Wasser und Luft in unseren Betrieben einen hohen Stellenwert hat. Schließlich handelt es sich hierbei um unsere natürlichen Lebens- und Produktionsgrundlagen. Die wollen unsere Landwirte in einem noch besseren Zustand an nachfolgende Generationen übergeben, als sie sie von ihren Eltern übernommen haben. Leider wird in der öffentlichen Diskussion meist die Landwirtschaft als Hauptverursacher von zum Beispiel Nitratbelastungen und des Artenrückgangs ausgemacht und pauschal an den Pranger gestellt. Die Ursachen sind aber sehr vielfältig und Lösungen eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Außerdem braucht man dazu einen langen Atem, schnelle Ergebnisse sind Wunschdenken. Jedenfalls sind Aktionismus und Verbote, deren Wirksamkeit zweifelhaft erscheinen, nicht zielführend. Im Natur-, Insekten- und Gewässerschutz muss die Devise lauten: Kooperation statt Konfrontation.
Landwirte waren schon immer zu Veränderungen bereit. Das wird auch so bleiben. Eine wichtige Voraussetzung ist allerdings, dass die von Politik und Gesellschaft gewünschten Anpassungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, praktikabel und vor allem wirtschaftlich tragfähig sind. Schließlich muss klar sein: Wenn Verbraucher höhere Standards, zum Beispiel in der Tierhaltung, fordern, müssen sie auch bereit sein, für dementsprechend erzeugte Produkte mehr zu bezahlen. In diesem Zusammenhang muss ebenso der Lebensmitteleinzelhandel in die Pflicht genommen werden und die Lebensmittelpreise auf ein höheres Niveau anheben, so dass mehr bei den Bauern ankommt.
2050 werden rund zehn Milliarden Menschen auf dieser Erde leben. Um die alle zu ernähren, muss die Nahrungsmittelproduktion um 70 Prozent gesteigert werden. Das ist eine Herkulesaufgabe. Der wird sich die Landwirtschaft stellen. Wir haben hierzulande vergleichsweise gute Produktionsbedingungen, viele andere Staaten beneiden uns deswegen. Neue Technologien in der Tierhaltung und dem Ackerbau, die eine noch effizientere und zugleich umwelt- und ressourcenschonendere Landwirtschaft ermöglichen, werden auch auf der diesjährigen Hessischen Landwirtschaftsmesse in Alsfeld präsentiert. Unser gut ausgebildeter und motivierter Nachwuchs wartet nur darauf, sie einzusetzen. Die gesellschaftliche Akzeptanz und Bezahlbarkeit sind dafür unerlässlich. Das Allerwichtigste, um die Herausforderungen im Tier-, Umwelt- und Klimaschutz zu bewältigen, ist eine Politik mit Augenmaß, die Zukunftsperspektiven eröffnet, verlässliche Rahmenbedingungen schafft und Planungssicherheit gewährleistet.
In diesem Sinne wünsche ich allen Messebesuchern und Ausstellern, dass sich die Stimmung in der Landwirtschaft und ihrem Umfeld nicht nur während den Messetagen aufhellt, sondern dass sich das Investitionsklima im Laufe des Jahres nachhaltig verbessern wird.
Ihr Kartsen Schmal